[Equal] offener Brief an die ETH
FachFrauen Umwelt
info at ffu.ch
Thu Mar 18 18:35:21 CET 2004
Liebe Equals
zur Kenntnisnahme schicke ich Ihnen/euch den offenen Brief der FachFrauen
Umwelt zuhanden der ETH-Leitung und der Leitung des Departements
Umweltwissenschaften.
Mit herzlichen Grüssen
Sandra Gloor
Geschäftsleiterin FachFrauen Umwelt
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Offener Brief an die Leitung der ETH Zürich und
die Leitung des Departements Umweltwissenschaften
Zürich, den 18. März 2004
Fehlende Professorinnen im Departement Umweltwissenschaften
Nur 4.4 % Professorinnen an der ETH Zürich
Sehr geehrter Herr Professor Kübler,
Sehr geehrter Herr Professor Davies,
Umweltwissenschaften mit 21 Professoren
Seit Anfang des Jahres hat die Eidgenössische Technische Hochschule in
Zürich ein neues Departement: das De-partement Umweltwissenschaften. Wir
FachFrauen Umwelt, das Netzwerk von Frauen in Umweltberufen, hoffen, dass
dies zu einer Stärkung der Hochschul-Ausbildung im Umweltbereich an der ETH
führen wird. Über die Neu-gründung wird unter anderem in einer Broschüre
informiert, in welcher das Departement und seine Forschungsberei-che
vorgestellt werden. Diese Broschüre zeigt eindrücklich die breitgefächerten
Arbeits- und Forschungsschwer-punkte der verschiedenen Abteilungen, macht
jedoch mit den 21 Professoren-Portraits ebenfalls sehr deutlich: alle
Professuren sind von Wissenschaftlern besetzt, keine einzige
Wissenschaftlerin ist in diesem neuen Departement auf oberster Ebene
vertreten! Ausserdem sind im Wirtschaftsbeirat des Departements
Umweltwissenschaften, dem laut Broschüre für die Kommunikation mit
Wirtschaft und Gesellschaft eine wichtige Rolle zukommt, von 18
Komiteemit-gliedern nur gerade 4 Frauen.
Nachhaltigkeit beinhaltet Chancengleichheit
Das vollständige Fehlen von Professorinnen ist umso frappierender, als der
Frauenanteil bei den Studierenden in den Umweltwissenschaften 41 % ausmacht
und sowohl in der Schweiz als auch international schon vor mehr als 10
Jahren Frauen im Bereich Umweltwissenschaften doktoriert haben und heute
zur Wahl als Professorinnen zur Verfügung stehen. Wir halten diese
Nichtvertre-tung von Frauen auf der Stufe der Professur und die
Untervertretung von Frauen im Wirtschaftsbeirat in einem De-partement,
welches sich dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet hat, für sehr
bedenklich. Nachhaltige Entwicklung beinhaltet neben ökologischen und
ökonomischen Aspekten auch soziale Gerechtigkeit und somit die
Chancen-gleichheit der Geschlechter. Ein Departement, welches sich
glaubhaft für nachhaltige Entwicklung engagieren will, muss diesem Anspruch
auch in der eigenen Struktur auf allen Stufen gerecht werden.
Frauen im Wissenschaftsbetrieb
Ein Blick auf die Gesamtsituation an der ETH zeigt, dass neben den
Umweltwissenschaften vier weitere Departe-mente keine Professorinnen
aufweisen (Architektur, Maschinenbau und Verfahrenstechnik,
Informationstechnologie und Elektrotechnik, Materialwissenschaften) und
dass von 292 ordentlichen und ausserordentlichen Professuren
(Vollzeitäquivalente) lediglich 13 oder 4.4 % von Frauen besetzt sind!
Als Begründung für die Untervertretung von Frauen auf der Stufe der
Professuren, werden häufig die fehlenden Be-werbungen von dafür geeigneten
Wissenschaftlerinnen aufgeführt. Wir verweisen auf die diversen Studien zu
diesem Thema, die aufzeigen, dass viele Frauen nur dann eine Chance im
heutigen Wissenschaftsbetrieb erhalten, wenn ihren spezifischen
Lebensläufen Rechnung getragen wird. So werden etwa Auswahlkriterien wie
das Alter, lücken-lose wissenschaftliche Lebensläufe oder die Länge der
Publikationsliste den weiblichen Lebenszusammenhängen oft nicht gerecht.
Teilzeitstellen und der ungehinderte Zugang zu familienexterner Betreuung
von Kindern müssen in einem frauenfreundlichen Arbeitsumfeld eine
Selbstverständlichkeit sein. Solche "frauenfreundlichen" Strukturen kommen
zudem auch Männern zugute, die gewillt sind, neben einer wissenschaftlichen
Karriere ihre familiären Pflichten wahr zu nehmen.
Aufforderung zur aktiven Frauenförderung
An der ETH sind zur Zeit verschiedene Professuren vakant, im Departement
Umweltwissenschaften zum Beispiel sind dies die Professuren "Atmosphärische
Physik" und "Aquatische Ökologie". Wir fordern Sie eindringlich auf, als
kurzfristige Möglichkeit der Frauenförderung diese Chance zu packen und
aktiv darauf hinzuarbeiten, dass im In- und Ausland Wissenschaftlerinnen
gezielt für diese Berufungsverfahren gesucht und dazu eingeladen werden!
Mittel- und längerfristig kann nur eine konsequente und anhaltende
Frauenförderung in allen Bereichen und auf allen Stufen an den Hochschulen
das Ziel einer Chancengleichheit von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern errei-chen. Wir verweisen hier auf die Empfehlungen des
Schweizerischen Nationalfonds "Zur Gleichstellung von Frauen in der
Wissenschaft und zur Förderung von Gender Studies" mit dem detaillierten
und fundierten Massnahmenkata-log*.
Die ETH verfügt über eine Stelle für Chancengleichheit. Diese ist ein
wichtiges Mittel zur Frauenförderung an der ETH, kann aber ihre Ziele nur
dann effizient und nachhaltig umsetzen, wenn Frauenförderung zur Chefsache
erklärt wird und die Stelle für Chancengleichheit mit den nötigen
Stellenprozenten und Entscheidungskompetenzen ausge-rüstet wird.
Wir hoffen, Sie mit unseren Ausführungen in Ihren Bemühungen zur Förderung
der Frauen an der ETH zu bestärken und verbleiben mit freundlichen Grüssen
Der Vorstand der FachFrauen Umwelt
Susanne Büsser, Biologin
Rahel Gessler, Umweltnaturwissenschafterin
Dr. Sandra Gloor, Zoologin
Brigitte Hofmann, Umweltpädagogin
Gudrun Hoppe, Landschaftsarchitektin
Yvonne Kaufmann, Umweltnaturwissenschafterin
Brigitte Kürsteiner, Geographin, Stelle für Chancengleichheit Univ. Fribourg
Anna Wälty, Biologin
Der Brief ist von folgenden Wissenschaftlerinnen mitunterzeichnet
Prof. Dr. Heidi Diggelmann, Präsidentin des Nationalen Forschungsrates des
Schweizerischen Nationalfonds
Dr. Gaby Abt Tietje, Biologin, Vorstand online Expertinnendatenbank
femdat.ch, Mitglied FFU
Dr. Barbara Haering, Nationalrätin, Mitglied FFU
Dr. Andrea Leu, Geschäftsführerin der Schweiz. Vereinigung der
Ingenieurinnen SVIN
Corine Mauch, Gemeinderätin der Stadt Zürich, Mitglied FFU
Ursula Mauch, Alt-Nationalrätin, Beirat der EAWAG
Dr. Daniela Pauli, Geschäftsleiterin Forum Biodiversität an der SANW
Dr. Anna Roschewitz, Agrarökonomin, Stellvertretende Leiterin der Abteilung
Ökonomie an der WSL, Mitglied FFU
Dr. Kathy Riklin, Nationalrätin
Dr. Anne Satir, Präsidentin der Schweiz. Vereinigung der Ingenieurinnen
SVIN, Leiterin der EMPA-Akademie
PD Dr. oec., Irmi Seidl, Co-Leiterin der Abteilung Ökonomie an der WSL,
Mitglied FFU
Monika Spring, Kantonsrätin ZH, Mitglied FFU
Dr. Doris Stump, Nationalrätin
Franziska Teuscher, Nationalrätin, Biologin, NDS Umweltwissenschaften,
Mitglied FFU
Prof. Dr. Katharina von Salis, Präsidentin LA Bundesprogramm
Chancengleicheit an Universitäten, Mitglied FFU
* Der Schlussbericht des Schweiz. Nationalfonds von GRIPS GENDER
"Empfehlungen zur Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft und zur
Förderung von Gender Studies" ist im Internet zugänglich unter:
http://www.snf.ch/downloads/wom_genderbericht_d.pdf
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FachFrauen Umwelt FFU
Geschäftsstelle
Sandra Gloor
Wuhrstrasse 12
8003 Zürich
Tel./Fax: ++41/(0)1 450 68 09
info at ffu.ch
http://www.ffu.ch
CH-Expertinnendatenbank: http://www.femdat.ch
Kongress "Frauen in Naturwissenschaft und Technik"
FiNuT, Mai 2004 in Winterthur, http://www.finut.ch
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