[Equal] Call for Papers "Recht als feministische Politikstrategie revisited"

Gesine Fuchs post at gesine-fuchs.net
Wed Nov 23 19:13:50 CET 2011


Liebe Equals,
die femina politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft 
(www.femina-politica.de) plant für Ende 2012 ein Schwerpunktheft zu 
Recht. Deadline für Artikelvorschläge ist der 15. Januar 2012. Näheres 
weiter unten im Text des Calls.
Auf viele Vorschläge freut sich
Gesine Fuchs

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*Call for Papers für das Heft 2/2012:*

*„Recht als feministische Politikstrategie revisited“ (Arbeitstitel)
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Recht ist ein zentrales Steuerungsmedium gesellschaftlicher 
Verhältnisse. Es ist Resultat konflikthafter gesellschaftlicher 
Aushandlungsprozesse und Ausdruck von Machtverhältnissen. Der 
Stellenwert und Charakter des Rechts für das feministische Projekt einer 
gleichberechtigten Gesellschaft ist seit jeher umstritten. 
Emanzipatorische Kämpfe sind auch immer Kämpfe ums Recht – auf 
Anerkennung, auf politische Teilhabe sowie auf Kodifizierung oder 
Umsetzung von Rechten und Ansprüchen.

Mit dem geplanten Schwerpunktheft möchten wir neuere Fragen 
feministischer Perspektiven auf das Recht theoretisch und empirisch 
diskutieren, bisherige Argumente und Theoreme bilanzieren und 
schließlich Raum für Perspektiven feministischer Rechtspolitik bieten.

*Feministische Rechtskritik*

Die Spannbreite der feministischen Bewertung des Regelungsprinzips 
„Recht“ ist groß. Es gibt grundlegende Skepsis, wie sie in Audre Lordes 
Ausspruch „A master’s tool will never dismantle the master’s house“ zum 
Ausdruck kommt, aber auch Befürchtungen einer „Justizialisierung der 
Politik“ oder einer Instrumentalisierung von Geschlechterfragen zum 
Zweck kultureller Abgrenzung in der Einwanderungsgesellschaft. Am 
anderen Ende stehen optimistische Bewertungen des Diskurses von Rechten 
und von strategischer Prozessführung als neue Form der politischen 
Teilhabe, die als möglicherweise illusionär kritisiert wird.

- Inwiefern verfängt die herkömmliche westliche feministische 
Rechtskritik, etwa an der Fiktion des

autonomen Subjekts, auch in nichtwestlichen oder sich demokratisierenden 
Gesellschaften?

- Welche Ansätze von feministischer Rechtskritik wurden und werden in 
nichtwestlichen Gesellschaften entwickelt, und was lässt sich aus diesen 
Traditionen und Ansätzen feministischer

Rechtskritik und Rechtspolitik lernen?

- Wie lässt sich das Spannungsverhältnis beschreiben, analysieren oder 
gar auflösen, das zwischen einem westlich geprägten Verständnis von 
Frauenrechten und als abweichend definierten

lokalen Geschlechterpraktiken auftaucht? Sind beispielsweise freiwillige 
islamische Verhüllungsformen vereinbar mit der Gleichberechtigung der 
Geschlechter oder erfordern sie das Engagement im Namen feministischer 
Prinzipientreue?

*Bilanzierungen der feministischen Kämpfe ums Recht*

Soziale Bewegungen nutzen zunehmend das Recht, um ihre eigenen Anliegen 
zu vertreten und zu popularisieren. Sie tun dies implizit oder explizit 
und betten das Instrument „Recht“ in ihre politische Arbeit ein, etwa 
bei strategischer Prozessführung oder im Rahmen einer diskursiven 
Mobilisierung.

- Was haben transnationale Frauenbewegungen mit ihrem Bezug auf 
internationale Menschenrechtsstandards erreicht?

- Welche politische Bilanz ist zu ziehen, welche 
Entwicklungsperspektiven gibt es und was heißt dies für feministische 
Rechtstheorie?

- Welche Faktoren prozessrechtlicher, politischer, sozialer oder 
diskursiver Art beeinflussen die Nutzung des Rechts sowie die Ergebnisse 
dieser Mobilisierung des Rechts?

- Mit welchen Bezugsrahmen und Argumenten wird das Recht in 
feministischen Bewegungen eingesetzt?

Hier sind besonders Erfahrungen und Überlegungen aus Civil Law Ländern 
interessant, zu denen es noch kaum Forschung gibt und wo 
Rechtsmobilisierung als politische Strategie einen geringeren 
Stellenwert hat als im angloamerikanischen Common Law Raum.

*Perspektiven feministischer Rechtspolitik*

In den letzten Jahren wurde gerade in Deutschland in Bezug auf die 
Anerkennung individueller Rechte einiges erreicht. Gleichzeitig 
delegitimieren zunehmende soziale Ungleichheit, ein neoliberales 
Paradigma und individualistische wie entsolidarisierende Ideologien das 
Streben nach umfassender Gleichheit auch zwischen den Geschlechtern. 
Daher stellt sich die Fragen nach den Auswirkungen auf demokratische 
Geschlechterverhältnisse.

- In welchem (Spannungs-)Verhältnis stehen individuelle mit kollektiven 
Rechten bzw. mit dem Streben nach gerechteren gesellschaftlichen 
Verhältnissen?

- Welche Faktoren beeinflussen das Verhältnis zwischen rechtlicher 
Anerkennung individueller Rechte (‚intimate citizenship‘) und 
tatsächlicher gesellschaftlicher Akzeptanz und Teilhabe?

- Im deutschen Antidiskriminierungsrecht ist Diskriminierung nicht nur 
wegen des Geschlechts, sondern auch zahlreicher anderer Merkmale wie 
ethnische Herkunft, Alter oder Religion verboten. Eröffnet dies in 
Theorie und politischer wie juristischer Praxis intersektionelle 
Perspektiven oder stehen die Merkmale in Konkurrenz zueinander?

- Wie kann und wird Antidiskriminierungsrecht tatsächlich in Anspruch 
genommen? Gibt es unerwünschte oder kontraproduktive Wirkungen?

- Wie sind verschiedene rechtliche Steuerungsformen und deren 
unterschiedliche Verbindlichkeit hinsichtlich ihres Einflusspotenzials 
auf gerechte Geschlechterverhältnisse zu bewerten? Wie sind im 
Antidiskriminierungsrecht verfahrensrechtliche Vorgaben oder Vorbilder - 
etwa prozedurale Erleichterungen (Beweislasterleichterung, 
Verbandsklage, Untersuchungsinstitutionen) aus feministisch-kritischer 
Perspektive zu beurteilen?

Für das Schwerpunktheft sind Beiträge willkommen, die sich theoretisch 
oder empirisch mit diesen Fragen auseinandersetzen und ein großes 
geographisches wie thematisches Spektrum abdecken können.

*Abstracts und Kontakt*

Der Schwerpunkt wird inhaltlich von PD Dr. Sabine Berghahn 
(Gastherausgeberin) und Dr. Gesine Fuchs betreut. Wir bitten um ein- bis 
zweiseitige Abstracts (per E-Mail) bis zum *15. Januar 2012 *an 
sabine.berghahn at hwr-berlin.de oder fuchs at ipz.uzh.ch oder die Redaktion 
redaktion at femina-politica.de.

Die Femina Politica versteht sich als feministische Fachzeitschrift und 
fördert Frauen in der Wissenschaft. Deshalb werden inhaltlich 
qualifizierte Abstracts von Frauen bevorzugt.

*Abgabetermin der Beiträge*

Die Herausgeberinnen wählen auf der Basis der eingereichten Vorschläge 
Beiträge aus. Der

*Abgabetermin für die fertigen Beiträge *im Umfang von 25.000 bis max. 
30.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen) ist der *15. April 2012*.


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